Dezember-Andacht 2019
Andacht 12/2019:
Jahreslosung 2019: Ps 34,15 "Suche Frieden und jage ihm nach!"
Frage: Wie waren Deine Erfahrungen mit dem Suchen des Friedens in diesem Jahr?
Antwort: Frieden suchen? – Das ist schwierig ...
Am 16.11. fielen mir in einem Souvenirgeschäft am Roten Meer mitten zwischen altägyptischen Nachbildungen zwei Pappen auf. Auf einer stand: jesus is my savior. Damit ist die grundlegende Voraussetzung alles Friedens genannt: Frieden gesucht und gefunden. Der Verkäufer trug an der Hand ein kleines und ein großes koptisches Kreuz. Diese Tatoos sind ihm gestochen worden, als er 5 Jahre alt war. Auf der anderen Pappe stand: Vrede. Ein Geschenk von Holländern. Es stellt eine afroeuropäische Brücke zum Frieden her. Ich habe Frieden gesucht und gefunden.
Billigflieger ohne Kniefreiheit. Mein Vordermann klappt die Lehne zurück. Ich auch. Der Herkules hinter mir hat was dagegen. Die Lehne flippt zurück nach vorn, über senkrecht hinaus. Ich fühle seine Knie im Rücken. Ich erinnere ihn daran, dass er für 15€ mehr Freiheit hätte kaufen können. Zum Glück geht gerade eine Stewardess vorbei. Hilflose Blicke von einer Lücke zur andern. Soll ich ihn beim Aussteigen anniesen? Er starrt unbeweglich vor sich hin, wie ein Kind im Trotzalter. Frieden suchen! „Danke für Ihre Rückenmassage. Ich habe drei zerquetschte Wirbel; da kann ich Massage immer brauchen.“ Leider gibt es kein nächstes Mal zur Erfolgskontrolle.
Im vergangenen Jahr ist meine Schwester heimgegangen. Ihre drei Kinder sind 2 zu 1 zerstritten. Kann ich ver-suchen Frieden anzuregen? Vor der Wende durfte ich zur Silberhochzeit ihrer Eltern fahren. Im Wohnzimmer fiel mir damals ein riesiger Weihnachtskaktus mit doppelten Blüten auf. Ein paar Blättchen davon durfte ich mitnehmen. Sie wuchsen und wuchsen – und bekamen gerade jetzt Knospen und ihre rote Pracht. Zum Ewigkeitssonntag schickte ich den Dreien je zwei Blättchen. Die Tochter antwortete: „Tröstende Blätter voller Leben.“ Elternhaus. Gemeinsame Erinnerung > Frieden?
2017 veröffentlichte ich auf Facebook ein halbminütiges Filmchen. Es zeigt einen Gedenkstein auf dem Schmöllner Friedhof. Der Ton stammt aus einem Passionsspiel in Diadema, einem Kinderheim der EBM in einem Slum von Sao Paolo. Ich sandte es an Gruppen in allen Ländern, bis es ca. 60.000 Personen erreicht und 10.000 es aufgerufen hatten. Mein Nahziel war erreicht und ich hörte auf den Clip zu posten. Pastor Bernd Wittchow kommentierte: Das berührt, beeindruckt und schockiert mich. Es sind doch alles Menschen, einfach nur Menschen, oder?
Im März 2019 entdeckte ich überrascht, dass 32.650 Menschen den Film aufgerufen hatten. Ohne mein Zutun ist die Zahl verdreifacht worden. Am 24.11.2019 waren es sogar 32.761 Aufrufe. Das Filmlein lebt bescheiden weiter – durch Menschen, die Frieden suchen.
Anlass für mein Friedensuchen ist das Jesus-Wort in Lk 14,31f: … hält Rat, ob er mit zehntausend dem begegnen kann, der über ihn kommt mit zwanzigtausend. Wenn nicht, so schickt er eine Gesandtschaft, solange jener noch fern ist, und bittet um Frieden. Waffen haben noch nie Frieden geschaffen. Bitten schafft ihn vielleicht - wenn der Herr will. Wenn Milliarden von Menschen gemeinsam um Frieden bitten, sollten die Machthaber sie erhören und ihr Verhalten ändern. Das Gegenteil ist bisher noch nicht bewiesen worden. Und wir dürfen – wenn auch ohne große Hoffnung - hoffen. Immerhin stammt der Auftrag zum Bitten von keinem Geringeren als von dem Friedensfürsten selber, der das ewige Friedensreich aufrichten wird.
Auf Facebook ist der Film zu finden unter: https://www.facebook.com/pleasepeacebittefrieden/videos/355449694806689/
(Mehr Filme: https://www.facebook.com/pg/pleasepeacebittefrieden/videos/?ref=page_internal)
auf Youtube unter https://www.youtube.com/watch?v=ztW7ihACKls
(Mehr Filme auf Youtube: „pleasepeacebittefrieden“ (mit „“))
Ich bin nur ein kleines Licht ohne Geld und ohne Namen, kann also allein nichts erreichen. Schon mein Deutschlehrer hat meinen „falsch verstandenen Pazifismus“ mit einer schlechteren Abitur-Zensur bestraft: Ich war nicht bereit, den Sozialismus mit der Waffe zu verteidigen. Pastor Herbert Wedel hat bei unserer Hochzeit das große Gebet gesprochen: Mache mich zum Werkzeug deines Friedens… Meine Frau hat im Arbeitskreis Friedensfragen unseres Bundes und in der Ökumenischen Versammlung mitgearbeitet.
Als unser Sohn 9 war, attackierte ihn auf dem Heimweg regelmäßig ein viel größerer Junge. Da zeigte ich ihm, wie man eine Faust macht, ohne dass es einem selber mehr weh tut als dem anderen. War gar nicht nötig: Ein Polizist schätzte die Lage richtig ein und hatte Erfolg. Am 3. Tag in der EOS (~ Gymnasium) kam er kreidebleich nach Hause: Lehrer X wird dafür sorgen, dass er von der Schule fliegt; ein Nicht-FDJ-ler, der nicht schießen will, hat an unserer Schule nichts verloren. Sein kleiner Bruder brach den Umgang mit den Nachbarkindern ab: Die spielen immer nur Krieg.
Nun werden meine Haare immer weniger und immer grauer – und ich wollte endlich ein kleines Fünkchen Frieden suchen. Wär‘ hoffnungsvoll, wenn die Jahreslosung diesen oder jenen anregen könnte das Friedensuchen weiter zu führen. Wer nicht weiß, wie, teile doch einfach den Film.
Pastor Werner Dietrich, Pastoren in Ruhe