Impuls 07/2016:

Heraklits "alles fließt" ist ein geflügeltes Wort. Sogar die einzelnen Buchstaben dieses πάντα ῥεῖ kennt jeder aus der Schule. Es ist ja auch beruhigend, wie die Elbe majestätisch dahinströmt, belebend, wie ein Gebirgsbauch über die Steine hüpft und aufregend, wenn ein Wasserfall in die Tiefe stürzt.

Wie überall fließt auch in der Gemeinde alles. Vor 50 Jahren durfte eine Frau sich nur auf dem Motorrad Hosen anziehen und nicht die Haare abschneiden. Mann musste sie abschneiden, den Bart auch - schließlich gab es schon Trockenrasierer -, das Hemd ordentlich in die Hosen stecken und möglichst eine Krawatte tragen. Zigaretten und Alkohol waren verboten. Predigende Schwestern waren nur als Kriegsüberbleibsel möglich. Fernseher waren verdächtig, das sprechende Bild aus der Offenbarung zu sein.
Sogar der Bericht über Moses Tod musste von Mose geschrieben sein.

Damals war in der Generationen-Entwicklung der Gemeinden ein Rhythmus zu beobachten. Aus großen Kindergruppen in den Gemeinden wuchsen große Jugendgruppen heran. Es folgte ein starkes Mittelalter, das mit Kindern gesegnet wurde usw.

Allmählich begann alles zu fließen.

Plötzlich war es unlogisch, dass Glocken zu Weihnachten süßer klingen und ein herzeliebes Jesulein in der Krippe lag. Schließlich wurde eine direkte Verbindung zwischen urheidnischem Lichterbaum und dem Weihnachtsbaum festgestellt. Nur keine Gefühlsduselei!
Bald danach schimpfte man auf den verknöcherten Baptismus und propagierte Beten, Singen, Lachen, Hüpfen, Fallen im Geist.
Inzwischen sind wieder Pferdeschwänze, Zöpfe, sogar Dutts, womöglich gar mit Schmu (künstliche Einlage), zu sehen. Knöchellange Kleider sind bei Festen durchaus möglich. Mancher trägt zum Abendmahl sogar wieder eine Krawatte. Wessen Nasenspitze und Augen mögen wohl aus jenem Bart hervorgucken?
Zigaretten werden von Staats wegen verboten und Alkohol nicht mehr an Unter-16-Jährige verkauft.

Alles fließt - womöglich als Mäander?
Solange der Kaffee aus der Maschine fließt, ist das Leben heil. Aber wenn sie verstopft ist! Wunderschön der Spiegel der dahingleitenden Elbe. Aber wehe, wenn das Hochwasser sie um 9 m anschwellen lässt. So angenehm das Fließen sein kann, manchmal ist es unterbrochen, manchmal ist es gefählich.

Kürzlich war aus Politikermund zu hören: Wenn wir Europäer die Bibel besser kennen würden, brauchten wir keine Angst vor dem Koran zu haben. Unzutreffend? Oder manchem aus dem Herzen gesprochen? Auf einen Gebetszettel schrieb ein Jugendlicher kürzlich: "... Bitte: ... - Zeiteinteilung sodass ich mehr zum Bibellesen/Beten komme." Da wird ein Leck festgestellt. Womöglich gibt es alte Zöpfe, die gepflegt werden müssen, Wasserläufe, die kein Auffangbecken brauchen?

Aber kann man denn aus 50 kurzen Jahren Folgerungen ziehen?
Vor 150 Jahren glühten in der Warener Gegend die Gänsekiele.

"Dieser Mann, welcher, so oft er hier war bei einzelnen Anhängern kostenfreien Aufenthalt hatte und außerdem durch Verkauf von Traktätchen und einkassierte Beiträge in den Versammlungen ein für seine Verhältnisse genügendes und günstiges Geschäft macht,..." (Pastor Lehmann an Superintendent Schmidt, Malchin, 6.11.68).

"Der Arbeitsmann Silberstorf hieselbst der durch Wiedertaufe Baptist geworden, ... ist ein zu schwärmerischer und gänzlich fanatischer Mann... In dem Manne ist ein Gemisch von weichem Gemüthsleben u. zähem Festhalten an dem, was ihm als Wahrheit aus Gottes Wort erschienen, von inniger Liebe zu dem Herrn Jesus und der ängstlichen Meinung von der Nothwendigkeit des Gesetzes Werkes... sie folgen Christi Zußtapfen - und der ist - als Erwachsener - zur Taufe in den Jordan gestiegen mit dem Worte, also gebühre ihm, das Gesetz zu erfüllen. Das Alles meist mit Ruhe, doch nicht ohne Pathos. Dabei ist er bewandert in den H. Schriften A. und N. Bundes, hat die Aussprüche leicht zur Hand, wenn auch oft mit unrichtigem Verständnis... Das Gefühlsleben ist bei Silberstorf vorherrschend, er ist eine schwärmerche Natur, jedoch leuchtet die Eitelkeit des hochmüthigen Herzens, etwas zu sein u. zu gelten u. zu leisten in dem Reiche Gottes nach seiner eingebildeten Weise hindurch... Mit weicher Stimme leuchtenden Auges, spricht er von den Tagen seiner Bekehrung u. von der Seligkeit seiner Verbindung mit Jesu. Des Gegensatzes wegen malt er mit dürsteren Farben seinen früheren Zustand vor seiner Bekehrung, daß er nicht inbrünstig habe beten können, in der Kirche stets zerstreut geswesen sei, seine Sünde nicht gefühlt und den Heiland nicht gesucht habe... Darauf sei er ... nach Templin gegangen, habe dort vor 200 Gläubigen seine Buße und Bekehrung zum rechten Glauben bekannt, aber nicht er, sondern 'der Heilige Geist habe aus ihm geredet', so daß alle versammelten Gläubigen ergriffen u. zu Thränen gerührt worden seien, worauf er mittelst Untertauchens und Heraussteigens aus dem Wassser getauft sei und nun wisse, daß er zu dem Herrn Jesu gekommen. Wie schön diese Versammlungen, alle liebe Brüder und liebe Schwestern, alle Ein Herz u. eine Seele, wie zur ersten Zeit der Kirche, und kein Unreiner unter ihnen (!)" (21.12.68).

"Damals war allein der Arbeitsmann Fr. Silbertorff, welcher seine Taufe bekannte, für Propaganda agitirte, gleichsam das geistliche Haupt, das mit Geschick u. strengem Ernst die Sache der 'getauften Christen' aus der Schrift zu vertheidigen verstand... Von auswärts kommt vierteljährlich etwa ein Baptisten Prediger (wie gesagt wird: Bäckergeselle aus Neustrelitz),... (7 . 2. 72).

"Unserem Herzensdrange folgend - eine Ueberredung von Menschen hat hier nicht stattgefunden, - haben wir uns an die hiesige evangelische Zweig-Gemeinde (Baptisten) gewendet, und hier Befriedigung für das Herz und das innere geistliche Leben im evangelio, was uns dort vorgetragen wird, gefunden (Mink an Oberkirchenrath, 9.9.72).

"Gib uns den alten Glauben... Er war gut für den Vater Abraham. Er ist auch gut für mich" - ein spannendes Lied!

Werner Dietrich, Hirschbach


"frau" sollte die Parallele zu "man" sein. "Schmu" war ein Plastegeflecht, das unter die Haare eingewickelt wurde. Kaffee!? Ich wollte nicht "Aber wehe, wenn..." schreiben.

 

Vernetzt im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) in Deutschland K.d.ö.R.

Wir sind Mitglied im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland K.d.ö.R. Darüber hinaus gehören weitere Gemeinden zu unserem Landesverband.


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